Am Sonntag, den 20.02.2022 um 15.00 Uhr waren sie im Dorfgemeinschaftshaus Platjenwerbe,
Schulstraße 21, 27721 Ritterhude.
(Foto: Heimatverein)
Annie Heger und Insina Lüschen - zwei Cousinen aus Ostfriesland. Ihre gemeinsame Kindheit, gemeinsame Lieder, Traditionen und ihre Liebe zur
plattdeutschen Sprache führte beide zusammen auf die Bühne. Sie geben Einblicke in Familiengeheimnisse und entwickeln mit dem Publikum Weltverbesserungsvorschläge. Sie singen und blödeln sich in
die Herzen der Zuschauer*innen. Es fühlte sich manch einer inspiriert ...
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Osterholzer
Kreisblatt
22. Februar 2022
Deichgranaten in Platjenwerbe - Kabarett mit plattdeutscher Schräglage
Die Pointen der beiden Deichgranaten Annie Heger und Insina Lüschen zünden im Dorfgemeinschaftshaus Platjenwerbe
CHRISTA NECKERMANN
Platjenwerbe. Zum Glück für die Republik haben weder Annie Heger noch Insina Lüschen den für das Überleben in Wiesmoor nötigen grünen Daumen. Das
ermöglichte es den beiden Cousinen aus Spetzerfehn die krümelige Blumenerde aus den Profilen ihrer gelben Gummistiefel zu schütteln und sich in die weite Welt aufzumachen – das heißt, eine nach
Hamburg und eine nach Berlin.
Aber die tief verwurzelten Familienbande hielten und führten die beiden un-gärtnerischen Cousinen immer wieder auf Familienfesten zusammen, sodass
gemeinsame Ideen geschmiedet werden konnten. Dies führte schlussendlich auf die Bühnen, auch fernab von Wiesmoor, wie jetzt etwa im Platjenwerber Dorfgemeinschaftshaus.
Unerwartet politisch
Annie Heger tourt schon länger mit Kabarettprogrammen durch die Republik, organisiert Festivals und kann bei Bedarf – oder auch ganz ohne – ganz
schön politisch werden. Insina Lüschen kredenzt der müden Menschheit hoch- und plattdeutsche Schlaflieder, studiert „mal eben so“ ein Mini-Musical mit 100 Kindern ein oder probiert mit ihrem
„Beschwerdechor“ neue Gesangsformate aus. 2016 war es, als die gesanglich talentierten Cousinen im Kinofilm „Ostfriesisch für Anfänger“ mitspielten und Schauspielerkollege Holger Stockhaus (als
Bürgermeister) die beiden anmoderieren musste: „Die – Deichgranaten!“ Tatsächlich hätten sie danach Anfragen bekommen, erzählte Annie Heger launig. „Aber uns gab es ja noch gar nicht!“ Nun, seit
2019 haben die Deichgranaten humoristisch aufgerüstet, sind jetzt auf einem plattdeutschen Kreuzzug durch die sozialen Medien unterwegs, wo sie etwa den Zusammenbau von Regalen eines bekannten
schwedischen Möbelhauses erklären, oder stellen sich auch gern mal für zwei Stunden auf eine Bühne, um ihr geneigtes Publikum mit einem so ganz anderen plattdeutschen Programm zu begeistern. „Ihr
müsst spielen, als ob ein Katzenschwanz übers Herz streicht“, sei ein Rat ihres Musiklehrers gewesen, und dem Rat folgten Heger und Lüschen auch. Dabei kam den 75 Gästen eine besondere Rolle zu:
„Alles, was heute Abend hier nicht funktioniert, ist tot. Ihr müsst also lachen, brüllen, trampeln, johlen – durch die Maske!“ Nur die guten Pointen kämen ins Programm, versprachen die
Deichgranaten, jetzt allerdings schon mit gezogenem Sicherungssplint.
Von typischen Frauenproblemen zwischen Gebär- und Begehrfähigkeit, von Umweltpolitik bis hin zu allen Un-Arten der Vorurteile erzählten die der
Wiesmoorer Blumenerde entstiegenen Unterhaltungskünstlerinnen und rappten „Notwehr“, eine durchaus erschütternde Ist-Analyse.
„Ich wusste gar nicht, dass die so politisch sind“, meinte ein Mann auf dem Weg zur Halbzeitpause. „Find‘ ich aber gut!“ Damit erwies er sich
sicherlich als das männliche Idealbild der Deichgranaten, als „Mannslüüd mit Brägen“. „Ich freue mich, dass wir mit den Deichgranaten wieder ein schönes Unterhaltungsprogramm in unser
Dorfgemeinschaftshaus holen konnten“, sagte Gerd Kopiske, Kulturbeauftragter des Heimatvereins.
Das soll auch nicht der einzige Höhepunkt im Frühjahr bleiben, schon am 12. März wird das slowenische Duo Accellorandom mit Akkordeon und
Violoncello im Dorfgemeinschaftshaus erwartet. Vielleicht ergeht es diesen beiden Musikerinnen dann so wie den Deichgranaten, die lauthals um Zugaben gebeten wurden.